Ich will, dass du bist.


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 Ein gutes Buch, eins von denen, die nicht nur durchreisen, oder als unnütze Platzhalter enden, ist eines, das etwas mit mir macht. Ein gutes Buch ist immer eins, das ich nicht nur einmal lese, und von dem ich genau weiß, wo es steht. Es hat seine wertvollen Momente, in die nur dieses Buch hinein gehört. Ich nehme es auch ohne zu lesen schonmal gerne in die Hand und blättere in ihm. Ich kenne die pointierten Zeilen, tiefsinnigen Abschnitte und Seiten, wo ich das finde, was mich von Anbeginn begeistert, und in seinen Bann gezogen hat. Ein gutes Buch hat meine Aufmerksamkeit, und seinen festen Platz in meinem Inneren.

 

 "Ich will, dass du bist."

 

 Jung sein, heißt leicht sein. Die Frische eines frühen Sommermorgens weht mir durchaus durch die Sinne, und noch fühlt es sich überwiegend auch so an. Leicht und unbeschwert. Die Schwere, jene nicht abwendbare Müdigkeit, die unbekannt und weit voraus dümpelnd auf alles lauert, lähmt mich selten. Ihre Existenz ist eher eine Fiktion. Doch ich merke, dass sie da ist. Und ich weiß, dass sie geduldig wartet, denn ihr entgeht man nicht.

 "Gärtners Reise" ist ein gutes Buch. Es erzählt vom Verlust. Es erzählt vom zunehmenden Verlust an Zeit, vom Verlust an Vitalität, vom Verlust an Gesundheit, Eigenkontrolle und Bindung. Es ist ein Buch des Lebens. Zu mir spricht daraus aber vor allem auch die Liebe. "Gärtners Reise" schürt meine Achtsamkeit und befördert die Demut zutage. Ich schaue mich an, sehe die Zeit, erkenne die Veränderungen, die es zu akzeptieren gilt. Und gütig in allem sehe ich auf uns zwei. Das trägt. Ihre Hand in meiner Hand, meine Hand in ihrer Hand. Es ist unkompliziert, ehrlich, und liebevoll.

 

"Ich will, dass du bist."

 

 Alle Seiten schaue ich mir an. Wieder und wieder. "Gärtners Reise" ist ein Bilderbuch, in dem sich Fotografien finden, die mich auffordern, unsere gemeisame Zeit zu nutzen, und sich zu wappnen. Das lese ich nicht, aber ich sehe und fühle es. "Gärtners Reise" kommt nahezu ohne Text aus. Der ist auch gar nicht nötig, denn klar wird auch so viel zu sehr, worum es dabei geht.

 Um Hinfallen und Aufstehen geht es. Wieder und wieder. Die fantastischen Fotos reden leise, aber eindringlich. Das sind Fotos, die unweigerlich etwas auslösen. Was ich dort finde, treibt mich um. Es bleibt nicht aus, dem auf den Grund zu gehen. Man kommt immer bei sich an. Hinfallen, und wieder aufstehen. Ich sehe erbrachte Stärke, gütiges Aushalten, nährende Sehnsucht, und gesuchte Nähe.

 

"Ich will, dass du bist."

 

 Da ist aber auch der Schrecken einer Verzweiflung, und ein verloren gehender Kampf um einen Fortbestand von innerem Gleichgewicht. Ich sehe Momente, die Unweigerliches in sich tragen. In den Fotografien wallen erlebbare Gewissheiten darüber auf, dass nun Unumkehrliches eingetreten ist. Unüberwindbare Hindernisse, die den Weg zurück in ein heiles Damals verstellen. Und das nebulöse Dazwischen erscheint groß und größer zu werden.       Seltsam, genau jetzt kreuzt das alles meine Gedanken und Blicke, und es kostet Überwindung, in den Spiegel zu sehen. Denn in diesen kurzen Augenblicken streift die eigene Sicht eine innere, endlose Endlichkeit, die sich, einer unumstößlichen Erkenntnis gleich, vehement nach außen umkehrt. Um uns den eigenen Frohsinn zu erhalten, müssen wir uns wohl oder übel mit den eigenen Ängsten beschäftigen.

 

"Ich will, dass du bist."

 

 Krank sein, also sowas, was nicht mehr weggeht, ist ein Makel. So jedenfalls scheint es zu sein. Eine große Scham gesellt sich zu allem hinzu. Da ist was, das nicht gut ist, und das bleibt. Darüber reden macht es in der Sache selbst kaum besser. Doch im Schweigen zieht sich alles immer enger. So oder so, man entweicht dessen nicht. Schlimm ist, dabei auch aus sich selbst zu verschwinden. Übrig bleibt eine Hülle, von der man vielleicht denkt, solange man noch denkt, sie dem Anderen nichts als zuzumuten. Doch das trifft nicht den Kern. Denn keiner kann sich vollständig selber erhalten und halten.

 

"Ich will, dass du bist."

 

 Im Glück, einander zu haben, und darauf vertrauen zu dürfen, schaue ich mir die Fotografien an. Es ist rührend, und rührt an. "Gärtners Reise" ist ein gutes Buch. Es schenkt mir ein Bild, in dem ich mich als Jemanden erkenne, der so sein darf, wie er ist. Und es zeigt mir in aller Deutlichkeit, dass ich einen Sinn habe. Mein Sinn bin aber nicht ich, und ich bin längst nicht alles, worum es mir gehen darf. Das Leben ist sicher nicht als Huldigung eigener Selbstgefälligkeiten gemeint. Keiner kann sich vollständig selber erhalten und halten. Es geht immer um ein Wir, und vor allem um ein Du. Ich will, dass du bist.

 

"Ich will, dass du bist."

Denkt nicht mal dran. Ich nehme kein Geld dafür....

 

Außer der eigenen Spiegelung, Foto 4,

zeigen sich von mir abfotografierte Fotografien,

die sich in dem Buch "Gärtners Reise" befinden,

erschienen im KEHRER-Verlag, ISBN 978-3-86828-936-7.

 

Es finden sich darin wohl dosierte, wundevolle Texte

in englischer und deutscher Ausführung

von Zoltàn Jókay und Sybille Fendt,

sowie hoch atmosphärische Fotografien der Eheleute Gärtner,

die über viele Wochen von Sybille Fendt gemacht worden sind.

 

Alle Urheberrechte liegen bei Frau Fendt,

bzw. dem KEHRER-Verlag.

 

Bei allen Verantwortlichen und Beteiligten 

möchte ich mich herzlich bedanken dafür,

dass es dieses großartige Buch geben darf!



2019 © DT-Classics



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