- Ein Leben rund um den VW Bus T3 -
in Fotografie & Geschichten
In die Liste "Un-Worte des Jahres" (was im Grunde selbst eins ist...) haben sich viele schräge Begriffe eingereiht, von denen ich mir nicht sicher bin, ob sie es denn wohl auch bis in den Duden geschafft haben. Das sagt etwas aus. Was im Duden steht, das gilt, und was im Duden steht, hat Relevanz. Gerade heute, wo ich den reisebereiten Club Joker aus der Einfahrt chauffiere, und wir uns auf Langfahrt begeben, machen mir diese Wortgedanken richtig Spass. Denn in den Duden geschafft hat es ein einzigartig schöner Begriff: Roadtrip! Bestätigend finde ich das. Scheinbar ist es dem "Arbeitskreis Duden" auch nicht gelungen, einen adäquaten, deutschen Begriff dafür zu finden. Autobahnreise, Straßenausflug, Landstraßentour...na, das klingt nicht nach dem, was Roadtrip auszulösen vermag. Es ist eben doch viel mehr, als nur ein Wort. Ein Roadtrip liegt für uns retro-romantische Träumer deutlich über dem profanen Vorgang des Autofahrens.
Alles gut und schön, ja, es geht nach Süden! Aber nicht nur das, es geht auch noch hoch hinaus. Nach 3 Jahren, in denen sich vieles um Krankheiten, Neurosen, Impfungen und Schutzmasken drehte, weht endlich wieder ungehindert frische Luft in die Nasen. Unser erstes Ziel liegt auf 1600m, mitten in der Gletscherwelt des Schweizer Wallis. La Fouly, Camping des Glaciers, gerade mal 730 Kilomter Fahrt genügen, um in einer Hochgebirgslandschaft und einem Klima zu landen, wie es sonst in keiner anderen Richtung von Siegen aus in dieser Distanz erreichbar wäre.
Die Fahrt ist atemberaubend. Zugegeben, alleine die Tatsache, in einem 40 Jahre alten Camping-Klassiker aus dem Hause WESTFALIA ins Schweizer Hochgebirge zu cruisen, ist schon atemberaubend genug. Doch jedes mal, wenn ich so unterwegs bin, ist es dasselbe. Mit zunehmender Strecke aus Deutschland hinein in die Schweiz, wird die Landschaft fetter, die Luft allmählich klarer, und der eigene Puls etwas höher. Und ich freue mich diebisch! Endlich wieder in die Alpen, endlich wieder in die Schweiz, und das alles auf Langstrecke im Edel-Camper.
Wir schon auf vorherigen Schweizreisen, haben wir uns dazu entschieden, eine große, daheim gefüllte Vorratskiste mitzunehmen. Man muss es einfach sagen, von deutschem Einkommen aus betrachtet, ist es relativ teuer in unserem Lieblingsland. Hinzu kommt allerdings auch, dass wir über 1 Woche am Gletscherplatz verweilen, und die Entfernungen zu großen Läden schlicht zu groß sind, um wegen Kleinigkeiten ständig loszuziehen.
Früh geht die Sonne auf, und das tut gut. In Decken gehüllt, mit Pulli und Mütze, oder innen bei laufender Stadheizung, ist deutlich zu spüren, wie die klimatischen Bedingungen außenrum sind. Richtig kalt wird es, sobald sich die Sonne hinter die Bergkette verzieht. Hier oben treffen die elementarsten Dinge aufeinander. Das Wetter, die hochalpine Landschaft, Essen, Trinken, Schlafen, Draußensein. Auch die sonst so oft gepriesene Reduktion aufs Wesentliche findet sich hier nicht als phrasenhafte Blubberblase, sondern als gelebter Genuss des Vorhandenseins von Notwendigkeiten. Dazu reicht ein Augenschwenk über den Platz. Die Menschen sind allesamt freundlich und bescheiden, ruhig und bedacht, und auch die Campingfahrzeuge sind nicht so groß, wie eben möglich, sondern nur so groß, wie eben nötig.
In diesem Jahr begeht mein VW Bus sein 40-jähriges Bestehen. Fantastisch finde ich das, und doch bekommt diese Tatsache eine völlig andere Dimension, wenn ich mich hier umschaue. Die Berge und
Gipfel um mich herum überdauern alles das seit Jahrtausenden. Das sind Zeiträume, zu denen mir jegliche Vorstellung fehlt. Was sind da schon 40 Jahre? Nicht weit hergeholt, schlage ich den
Bogen zu mir selbst. Winzig, von kurzer Dauer, und für all´ das hier bedeutungslos ist meine Existenz. Schlimm ist das nicht, und auch nicht wirklich bedauerlich.
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