Ein alter Hut


4 Kommentare //

 

              Irgend etwas reichen wir immer weiter.

                        Erfahrungen, Kenntnisse, Vermögen und Besitz.

                             So manches kommt, bleibt, oder geht auch wieder.

                                  Bewusst oder unbewusst, in Absicht oder ohne, als Geschenk,

                                       als Erbe, oder unbedachtes Überbleibsel einer Epoche.

                                            Es ist auch nichts Neues, es ist ein Kommen und Gehen.

                                                 Das ist ein alter Hut.

 

  So wie der alte graue Tirolerhut meines Vaters, der seit langer Zeit neben den anderen Erinnerungsstücken in der Vitrine liegt. Dinge, die uns entsprechen, verkörpern immer auch etwas. Wer sich als Kind zu Karneval einen Westernhut aufsetzt, ist augenblicklich Cowboy. Man geht anders, denkt anders, und lebt sich ein in diese Rolle. Für meinen Vater war das anders. Das war kein Spiel, keine Rolle, und das verging auch nicht. Der Hut und er, das war eins. Aber das nimmt man beim Hinschauen selten wahr, solange es alltäglich ist. Was es wirklich damit auf sich hat, entdeckt sich erst verzögert. Und was solche höchst persönlichen Dinge für eine elementare Bedeutung haben, weiß nur der, der im Wenigen, das er hat, solche Heiligtümer besitzt.

 

 Und dann war irgendwann nur noch der Hut da. Er hing im Flur an der hölzernen, dunkelbraunen Garderobe über der abgeschubberten Wildlederjacke, so wie immer. So, als wäre nichts passiert. Aber alles war anders. Ich weiß noch, wie ehrfürchtig ich ihn das erste Mal anfasste und in die Hand nahm. So, als würde ich das ungefragt nicht tun dürfen. Meine Nase steckte ich hinein, tief einatmend, denn der subtil angenehme, und mir höchst vertraute Geruch, er würde für immer verfliegen mit der Zeit. Die Furcht, dass auch Erinnerungen verfliegen, man sich an Stimme und Gesten immer weniger erinnert, schwingt in Allem mit. Im Festhalten ein Loslassen, alles Gesagte und Ungesagte liegt in einem so kontroversen Augenblick.

 Es ist seltsam, mit dem Aufsetzen des Hutes geschieht augenblicklich auch wieder jenes Besondere. So, wie bei der Sache mit dem Cowboyhut. Plötzlich schlüpft da jemand bei einem selbst unter die Haut, ist präsent und all-gegenwärtig. Und die Übergänge von diesem Jemanden zu einem selbst, die verschmelzen ein wenig. Vielleicht wird aber auch nur das greibar und spürbarer, was sowieso seit je her existiert, für alle Zeit bleibt.

 

 

 

 

 

Wir waren lange unterwegs.

Und sind es wohl noch.

 

 

Er und ich,

und alle die die Erinnerungen

da im Hut auf meinem Kopf.

 

 

 

 

                      Und permanent findet man sich

                           hin und her springend zwischen der Wahrheit, die in allem steckt,

                               der Fiktion, in die man sich begibt, der Erinnerungen,

                                    und den sehnsüchtigen, dankbaren Gefühlen,

                                         die alles prägen und begleiten.

 

"The things my father said
Would make me a better man,
Hard work and the love of friends
A woman that understands.
I hope my father knows the seeds we've sewn still grow,
At night I go to sleep and pray he's watching over me"
-Black Stone Cherry-

Denkt nicht mal dran. Ich nehme kein Geld dafür....

 


2020 © DT-Classics



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Kommentare: 4
  • #1

    Ben (Mittwoch, 15 Juli 2020 12:33)

    Ganz toll geschrieben Dirk !
    Behalte deine Erinnerungen immer im Herzen ! Dort sind sie am besten aufgehoben !

    Veste Grüße Ben

  • #2

    Werner (Mittwoch, 15 Juli 2020 12:52)

    Was für ein wunderbarer Beitrag. Danke, Dirk. Du hast mit allem so recht. Ich fühle genauso. Danke... (Und was für ein geiler Song!)
    Hab eine gute Zeit! Bleib gesund!

    Werner

  • #3

    Dirk von DT-Classics (Mittwoch, 15 Juli 2020 13:04)

    Ben, Werner, danke!

    Euch beiden ein freundschaftliches Augenzwinkern, und einen Gruß von Herzen!

    Dirk

  • #4

    Bellinghof (Dienstag, 25 August 2020 12:58)

    Ich wage ein sehr tiefes Berührtsein zu äußern, zu mehr fehlen mir auf angenehme Weise die Worte.