VW T3 WESTFALIA Club Joker: Reisen und Informationen

-Fotografie & Geschichten-


Kroppacher Schweiz - Per VW T3 WESTFALIA Club Joker ins Hinterland

 

12 Kommentare //

 

  Hinter was genau liegen eigentlich jene Landstriche, die landläufig gerne mit „Hinterland“ bezeichnet werden? Hinter dem Zaun? Hinter dem Vorland? Hinter dem Zeitgeist? Fürs erste klingt Hinterland jedenfalls nicht sehr lohnend. Mein eigener Eindruck ist allerdings ein ganz anderer. Das werden gerade die Leute verstehen, die gerne auf eigenen Füßen unterwegs sind, und die jene reizvollen Gegenden ohne künstliche Hotspots als touristisches Salz in der landschaftlichen Suppe erkennen. Oftmals handelt es sich auch gerne um solche Landstriche, die zusätzlich noch die schwärmerische Bezeichnung „Schweiz“ angehangen bekommen haben. Die Fläche aller dieser Pseudo-Schweizen ist zusammengenommen mittlerweile bestimmt größer, als die eigentliche Schweiz selbst. Wahrscheinlich ist der Grund für diese Anhängsel einerseits eine verklärte Wahrnehmung, und andererseits im Marketing der Tourismus-Experten zu suchen. Es klingt eben reizvoll, so schweizvoll.

 

  Mein heutiges Ziel ist eine jener Schweizen. Die Kroppacher Schweiz, am Rande des Westerwaldes zur Sieg hin zu finden, ist sicher mehr was für Genussreisende, als für handelsübliche Durchgangs-Touristen. Ich mache mich also auf, um im klassischen VW Bus in dieses 50 Kilometer entfernte, angeschweizte Hinterland zu reisen.

 

Kroppacher Schweiz - Per VW T3 WESTFALIA Club Joker ins Hinterland

Nistertal, VW T3 WESTFALIA Club Joker
Nistertal, VW T3 WESTFALIA Club Joker

Schon kurz hinter der Siegener Kernstadt

ist Cruisen angesagt. Seit die aufgeständerte Schnellstraße bis weit außerhalb Siegens reicht, nutzt die alten Straßen im Tal kaum noch wer.

 

Ich mag es, an den alten Industrieanlagen vorbei zu fahren, durch die teils ruhig gewordenen Mitten dieser Ortsteile Siegens, um dann,

wie von selbst, der Sieg flussabwärts zu folgen.

 

Gute Stellen, um mal in Flussnähe zu halten, gibt es an der Sieg bis nach Wissen runter allerdings keine. Doch dann, am Unterlauf der Nister, gar nicht weit weg von der Stelle, wo sie in die Sieg mündet, finden sich welche. Hier halte ich an,

und ziehe tief Luft in die Lungen.

 

  So, wie Hachenburg und Ingelbach auch, nennt sich Wissen "Tor zur Kroppacher Schweiz". Jetzt, wo ich hier an der Nister die erste Rast mache, verstehe ich auch ein wenig diese Anlehnung an die Schweiz. Nicht wegen der Berge. Das wäre vermessen bei der vergleichsweisen Hügellandschaft hier. Aber die Luft ist klarer, es ist irgendwie etwas schöner als schön, still und unversaut ist das Tal, leise das Leben, und der Himmel fühlt sich gleich ein Stückchen näher an.

 

  Streng genommen ist hier auch nichts. Außer einem Dorf, einem Baum, und mir samt Campingbus. Dennoch bin ich hier nicht völlig alleine. Auch nicht mit meinem stabilen Faible für alte Fahrzeuge. Mit kernig röchelndem Ansauggeräusch nähert sich ein getunter RENAULT R19. Den Tritt aufs Gaspedal noch etwas herauszögernd, nimmt der Fahrer scheinbar auch die Situation in Augenschein, bevor er an der kurzen Steigung hoch zum Dorf für einen Moment lang das Schweizer Idyll samt morgentliche Stille, im Sound der 90er Jahre hinwegbläst. Doch auch das, nein, auch genau das - leben und leben lassen - ist für mich hier Genuss pur.

 

Kroppacher Schweiz - Per VW T3 WESTFALIA Club Joker ins Hinterland

 

  Die Kroppacher Schweiz ist übrigens Teil des schon 1969 ausgewiesenen Landschaftschutzgebietes Nistertal. Vielleicht liegt der Fortbestand dieses wenig gestörten Idylls ja auch darin begründet, es nicht vollständig in Flussnähe durchfahren zu können. Die teils dicht und steil ans Flußbett reichenden Felswände, die sicherlich zu der Nennung "Schweiz" ihren Teil beitrugen, haben bis heute den Bau einer Straße erfolgreich vereitelt. Die Anstrengungen des ständigen Auf & Ab möchten längst nicht alle Leute auf sich nehmen. Per Auto geht´s schon. Einzige Variante für Fahrzeuge ist daher, von den windigen Höhenlagen der Kroppacher Schweiz die vielen kleinen Stichstraßen hinunter zu fahren in die kleinen Dörfchen, die verschlafen und urtümlich an der Nister liegen.

 

   Die Orte, Plätze, oder andere traumhafte Stellen nenne ich hier im Beitrag ausdrücklich nicht. Denn sie sind es wert, entdeckt zu werden. Die Kroppacher Schweiz ist kein riesiges Areal. Selbst ein Wochenende ist ausreichend lang, um einigen Geheimnissen dort auf die Spur zu kommen. Schnappt euch den Rucksack, und los geht´s!

 

Nistertal, VW T3 WESTFALIA Club Joker, DT-Classics unterwegs.
Nistertal, VW T3 WESTFALIA Club Joker, DT-Classics unterwegs.

 

  Ein kleiner Platz neben einer Brücke, von der aus beidseitig ins Nistertal zu schauen geht, reicht mir völlig aus, um mich dort problemlos über eine Stunde aufzuhalten. Während im Bus das Kaffeewasser kocht, erkunde ich das Kleinod rund um das betagte Bauwerk. Über 100 Jahre schon gelangen Menschen hier von einer Seite der Nister zur anderen, und wieder zurück. So mache ich das auch. Erst rüber auf die andere Seite, und dann zurück. Zurück über eine 100 Jahre alte Brücke, hin zum 40 Jahre alten Club Joker, für einen frischen Kaffee. Mindestens.

 

Meistens ist alles eine Sache der Perspektive.

Idylle. Kaum trefflicher als hier, erscheint mir dieser Umstand.

 

 


Kroppacher Schweiz - Per VW T3 WESTFALIA Club Joker ins Hinterland

Feine Rast, VW T3 WESTFALIA Club Joker.
Feine Rast, VW T3 WESTFALIA Club Joker.

 

 

 

  Wie schon beschrieben,

geht hier vom Fluß nur eine einzige Straße

steil hinauf auf die Höhenstraße,

und erst zum nächsten Nisterdorf

führt eine weitere, sehr schmale Straße wieder steil hinab an die Nister.

 

  Etwas oberhalb der Häuser

ist ein kleiner Parkplatz angelegt.

Die eine kleine Bucht ist wie gemacht

für einen alten, kleinen VW Bus.

 

 

 

  In solchen Gegenden, die "Schweiz" heißen, finden sich auch Dörfer, denen man gerne nachsagt, die Zeit sei dort stehengeblieben. Gemeint ist das wohlwollend und gut, und sicherlich folgt es einer gewissen Romantik. Denn dort, wo die Zeit angeblich stehen geblieben zu sein scheint, entdecken wir ja Umstände und Dinge, die wir mögen, teils vermissen, und von früher her noch gut kennen.

 

  Doch die Zeit bleibt nirgends stehen. Bei meinem Spaziergang durch den Ort hinunter zur Nister treffe ich 2 ältere Herren. Der eine von ihnen lebt hier, er hat heute seinen 85. Geburtstag. Der andere ist zu Besuch, möchte ihm gratulieren. Plötzlich sagt der 85-Jährige: "Ich kenne hier niemanden mehr. Meine Frau ist vor einigen Jahren gestorben. Der Ort ist winzig, und in den wenigen Häusern hier leben jetzt nur noch fremde Leute, die von außerhalb kommen. Ich bin der letzt Bewohner, der hier noch aufgewachsen ist".

 

  Ob ich ihn an seinem Geburtstag zusammen mit seinem Freund fotografieren darf, frage ich den netten Herren. Er lehnt ab, fast schon verlegen, und ist ein wenig erstaunt darüber, dass ich ausgerechnet ihn fotografieren würde. Lieber zeigt er mit ausgestreckter Hand schräg rüber auf die andere Straßenseite. Was ich sehen soll, und und was das Gespräch über sein Portrait charmant beendet, ist der Oldtimer, der auf der anderen Straßenseite aus einer Scheune lugt. Was aussieht, als wäre hier doch die Zeit stehen geblieben, ist Realität und Illusion zugleich. Es hat sich unfassbar viel verändert, und der PEUGEOT 203 ist einfach übrig geblieben.

 

Unterwegs im VW T3 WESTFALIA Club Joker, DT-Classics, 2023
PEUGEOT 203, als stünde die Zeit doch still.

 

  Dann wünsche ich dem rüstigen Geburtstagskind noch einen wunderbaren Tag, und begebe mich an den Fluss. Auch hier, wo man nur als Fußgänger weiterkommt, ist zum Gehen und Orientieren wirklich nicht mehr getan, als das Allernötigste. Kaum erkennbar ist der Wiesenweg, der eigentlich nur die Spur derer ist, die hier seit Jahr und Tag dem immerselben Pfad entlang folgen. So mache ich das heute auch, und erreiche nach einer Weile eine recht außergewöhnliche Brücke. Es ist eine Hängebrücke, und sie ist nichtmal klein. Verglichen mit vielen Hängebrücken der Alpen, ist sie wenig bis kaum ausgeschildert. Sie zu begehen kostet auch nichts. Und es finden sich in ihrer Nähe kein Kiosk, kein Mitbringsel-Stand, nichts. Nichts, absolut nichts ist zu sehen, außer einem Gehöft, dass sich unweit der Brücke findet, und dem Wasser der Nister, dass endlos und still unter ihr hindurch fließt.

 

Hängebrücke über die Nister.
Hängebrücke über die Nister.

Kroppacher Schweiz - Per VW T3 WESTFALIA Club Joker ins Hinterland

 

Die Uhr tickt.

Nein, auch hier im Nistertal

bleibt sie definitiv nicht stehen.

Gemächlich, und in Gedanken verloren,

mache ich mich auf den Rückweg.

 

Auf den ersten Blick ist heute wenig passiert.

Endlich nochmal im T3 Club Joker unterwegs,

auf ins Hinterland, auf in die Kroppacher Schweiz,

das war der Plan. Nicht mehr, und nicht weniger.

 

Doch Kleinode habe ich entdeckt.

Eine Brücke konnte ich in aller Stille

und für mich ganz alleine bestaunen.

Und zwei wirklich tollen Menschen

durfte ich begegnen, die mir einen kleinen Blick

in deren spannende Gechichte gewährten.

 

So kann es geschehen, wenn man sich auf eine kleine Reise begibt ins angeschweizte Hinterland.

Mit offenen Sinnen unterwegs, zeigen einem Land und Leute schon wie von selbst die besonderen Dinge, auf die es wohl immer ankommt.

 

          

             Danke für die Aufmerksamkeit! Und ja, man sieht sich...

 

Nistertal, Hängebrücke, Kroppacher Schweiz.
VW T3 WESTFALIA Club Joker, DT-Classics unterwegs.

2023 © DT-Classics


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Kommentare: 12
  • #1

    Westermann (Sonntag, 21 Mai 2023 07:54)

    Guten Morgen, selbst in der kurzen Zeit, die ich diesen Blog kenne, und längst nicht alles gelesen habe, fällt mir der besondere Style auf. Stilvolle Selfies sind da nur ein Teil von. Ganz große Klasse alles, danke dafür.

  • #2

    Dirk von DT-Classics (Sonntag, 21 Mai 2023 13:02)

    Hallo Westermann,

    es freut mich sehr, wenn es gelingt, nicht Gleicher unter Gleichen zu sein. Was wäre noch sinnloser? Abgesehen davon ist es schön, wenn es motiviert, auch mal einen Kommentar dazulassen. Ich freue mich über jeden einzelnen, vielen lieben Dank dafür!

    Also nochmals, herzlich willkommen bei DT-Classics,

    Dirk Trampedach

  • #3

    Rolf Hollstein (Donnerstag, 25 Mai 2023 13:31)

    Einfach klasse, danke für den schönen Schwenk ins Hinterland!

  • #4

    Dirk von DT-Classics (Donnerstag, 25 Mai 2023 17:36)

    Hallo Herr Hollstein,

    schön, Sie immer mal wieder lesen zu dürfen, danke für´s Reinsehen!

    Herzlich, DT

  • #5

    Rob Kloos (Freitag, 26 Mai 2023 11:46)

    Schöne Fotos, feine Story, bisschen hintergründig und kein Van Life Kram. So, wie man die Artikel hier eben kennt und schätzt.

    Meint, Der Rob

  • #6

    Dirk von DT-Classics (Freitag, 26 Mai 2023 17:41)

    Das ist wirklich sehr nett, und vor allem immer wieder motivierend!
    Vielen lieben Dank dafür, und herzliche Grüße, DT

  • #7

    Fred (Dienstag, 30 Mai 2023 13:22)

    Immer wieder herrlich! Danke für den Bericht zur Tagestour, und für alles, was noch folgt dieses Jahr.

  • #8

    Börne (Mittwoch, 31 Mai 2023 15:25)

    Ein paar große Gedanken an eine kleine Tour gehangen, ist auch ein schönes Rezept. Keep it simple, echt cool. LG, Börne

  • #9

    Klaus Leppardt (Donnerstag, 01 Juni 2023 12:58)

    Es sieht oft alles so absichtlich dezent aus, was mir gut gefällt. Der Bus und die Landschaft, wie auch die Geschichten sind erstklassig dosiert. Das ist auch eine Kunst für sich. Danke für den Tourenbericht!

  • #10

    Dirk von DT-Classics (Donnerstag, 01 Juni 2023 21:03)

    Hallo Fred, Börne + Herr Leppardt,

    leider ist es mir technisch nicht möglich, zwischen schon getätigten Kommentaren separate Antworten zu platzieren. daher auf diesem Wege an sie alle 3 meinen herzlichsten Dank!

    LG, Dirk

  • #11

    Anna (Freitag, 30 Juni 2023 09:48)

    So Geschichten mag ich, und Jungs mit so Mützen auch. Klasse Mini-Story, feine Fotos!
    Liebe Grüße, Anna

  • #12

    Dirk von DT-Classics (Freitag, 30 Juni 2023 17:17)

    Hi Anna,

    danke sehr, und schön, wenn dir der Artikel samt Mütze gefällt... ;-)