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Was hier in der Überschrift nach emotionaler Tragik und auto-affiner Gefühlsduselei klingt, ist es auch. Und nein, es ist natürlich nicht die Blog-Prosa zum Verkauf meines eigenen Busses. Also, was ist passiert? Nun, nach gut 75 Jahren läuft dieser Tage der letzte, echte VW Bus von den Bändern der VOLKSWAGEN Werke. Ende Gelände. Jener Klassiker, oft halbherzig nachgeäfft, nie erreicht, der Generationen transportierte, Lebensgeschichten prägte, und von seiner Einzigartigkeit und der genialen Nutzungsvielfalt her, einen nicht kopierbaren Bogen schlug. Der ist gemeint. Seine Erfolgsgeschichte begann als 50er Jahre Transportmittel des Wirtschaftswunders, reichte über die MULTIVANS, jene 7-sitzigen Großraumlimousinen der 80er und 90er Jahre, bis hin zum weltweit geschätzten, multi-talentierten Freizeit-, Camping- und Nutzmobil in seiner langen Vergangenheit und Gegenwart.
Noch ganz gut erinnern kann ich mich an die sparsamen Zeiten der faden Geschmäcker. Es waren Jahre, in denen man sich frische Brötchen mit Nutella wünschte, und stattdessen getoastetes Graubrot mit einer zähen, fettigen Schokoladenpampe aufgetischt bekam. Immer von der elterlichen Hoffnung begleitet, es wäre entweder tolerierbar, oder würde irgendwie auch schmecken. Oder aus der Überzeugung heraus, dass es keinen Unterschied mache. Es wäre ja eh dasselbe. Fast...
Zugrunde lag diesen Umständen ja meist die gute Absicht, Geld zu sparen, um vielleicht an anderer Stelle ein paar kleine Reserven übrig zu behalten. Gründe, die selten bis gar nicht vermittelt wurden, weil man eben über sowas nicht sprach. Und mal ehrlich, wir haben es doch sowieso gewusst. Also das mit den Gründen und dem Sparen. Doch es waren dennoch die Momente, in denen man sich als Kind immer auch ein klein wenig verkackeiert vorkam. Fast so, wie wenn man heute in ein RAIDER beißt, auf dem TWIX steht. Oder, wie wenn man beim Autohändler seines Vertrauens (Shit happens...) zukünftig einen neuen VW Bus bestellt, und später dann in einem FORD Transit vom Hof fährt.
Was hier so klingt, wie eine fiktive Dystopie, ist alles andere, als das. Es ist tatsächlich real. Der Kunde bestellt die neueste Variante VW Bus, und bekommt von nun an nichts anderes, als einen FORD Transit im Bulli-Kostüm. Irgendwie hat das was von der Nummer mit der fettigen Schokoladenpampe von früher. Und nichts hat sich geändert. Ja, wie gehabt, kein Geheimnis, wir wissen es ja doch. Und ebenfalls ja, keine Überraschung, es schmeckt immer noch genauso mies.
Bei aller Anerkennung des sogenannten Laufs der Zeit und seinen unabänderlichen Veränderungen, bleibt mir, als einem langjährigen Bulli-Begeisterten, die Schmierschokolade im Halse stecken. Der Grund dafür ist nicht, dass es in naher Zukunft keinen echten VW Bus mehr geben wird. Sondern der Grund ist, das von nun an jenes ewig ungeliebte Vehikel, auch genannt FORD Transit, von Volkswagen mittels Embleme, Schriftzüge, und bisschen VW - MakeUp zum Bulli der Zukunft umgestrickt werden wird.
Und letzter Schritt in diesem Irrwitz ist dann der, zu glauben, die althergebrachte Kundschaft würde die Schokoladenpampe so lange kauen, bis sie nach Nutella schmeckt. Ich weiß nicht, es gibt gewiss sehr viele, durch Gewohnheit getriebene Bulli-Kunden, denen das nichts ausmacht, und die einfach alles kaufen, wo Bulli, Bus, oder Buzz dran steht. Das hat nur leider von nun an kein Aroma mehr, und irgendwie auch keinen Stil.
Keine Ahnung, wer sich die bahnbrechende Strategie ausgedacht hat, uns ein Transit-X für ein Bulli-U vorzumachen. Aber ich vermute, die Not muss entweder riesig sein, oder aber, man erkennt nicht, was da "angerichtet" wird. Auf jeden Fall hat der Aufstrich jetzt schon einen kratzigen Beigeschmack. Ungefähr den, der sich zeigt, wenn ich in ein TWIX beiße, wohl wissend, dass es RAIDER heißen sollte. Es ist eben längst nicht jedem egal, für gleichgültig (oder, hieß es ...doof?) verkauft zu werden. Obendrein zeigt sich hier eine traurige, unverrückbare Wegmarke, hinter der für echte VW Bus Enthusiasten kein schöner Weg mehr zu finden gelingt. Das muss man auch erst mal schaffen.
Es gibt da eine Rock-Band, übrigens wie auch der VW Bus aus Hannover stammend, mit etlichen Abschiedskonzerten gesegnet, die dennoch bis heute als musikalisches Original überlebt hat. Die Jungs haben vor vielen Jahren folgende, genial einfache Zeile für die Ewigkeit getextet:
"Every generation got it´s own disease, and I`ve got mine..."
Disease, Krankheit, für´s erste soll hier der Bulli-Virus dafür herhalten. Das genügt. Denn wir alle haben ihn, und wir haben den Virus über alle Bulli-Generationen, mit all´ ihren Spezifikationen, kräftig abgefeiert. Wir waren in aller Unterschiedlichkeit die unermesslich große Zahl an unbezahlten Werbeträgern, die aus Überzeugung heraus gemeinsam zu dem ehrlichen, authentischen Image des Bullis beigetragen haben. Jenes Image, was heute wohl dafür herhalten muss, in einem umklabusterten FORD Transit wohl oder übel einen waschechten Bulli sehen zu sollen.
Fury in the Slaughterhouse ist bekannter Weise zig Male auferstanden, was ein Segen! Für dich, VW Bus, alter Bulli, sehe ich allerdings schwarz. Alle Tasten, um für die neuzeitliche Kopie das Wörtchen "Optimismus" zu tippen, sind längst aus meiner Tastatur heraus gefallen. Die riesige Bulli-Welt wird sich höchstwahrscheinlich spalten. Oder besser gesagt, spalten lassen. Das klappt gesellschaftlich ja eh gerade prima. Da werden hauptsächlich nur noch Diejenigen sein, die einen originalen VW Bus haben und behalten, und Diejenigen, die einen originalen Bulli wollen und danach suchen. 2nd Hand, wohlgemerkt. Huhu, VOLKSWAGENDE, findet den Fehler...
Für uns alle, aber auch an die geistigen Väter dieser notgeborenen Trickkiste gerichtet, formuliere ich meinen ganz persönlichen Abgesang an "das beste Automobil der Welt" mal etwas anders aus:
Vielleicht ändert sich der Status Auto gerade. Oder er wird gezwungener Maßen geändert. Es gibt Leute, die Hasspickel bekommen beim Gedanken daran, dass Automobile Freude bereiten und Emotionen auslösen können. Das wird aber so bleiben, vor allem bei den VW Bussen, die noch VW Busse sind. Blech gewordene Gefühle, automobile Kulturgüter, rollende Chroniken voller Wert und Charakter. Eben alles das, was sich nicht auf ein X-beliebiges Vehikel umdenken lässt. Eine Ära geht, und irgendeine andere danach kommt. Mal schauen, ob es auch was Gutes gibt, das hier und heute einfach bleiben darf.
"...Diseases come, diseases go...
...wellcome to the final show"
denkt nicht mal dran, ich bekomme da nix für...
2024 © DT-Classics
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Werner (Sonntag, 15 September 2024 10:31)
Hallo Dirk,
ich gehöre wohl zu jenem Menschentyp, dem Autos schlicht egal sind. Das war schon immer so und das wird sich wohl kaum noch verändern. Für mich es ein Werkzeug, mit dem ich "von A nach B" komme. Und ich gehöre zu jenen, die tatsächlich an die Notwendigkeit einer Mobilitätswende glauben und ein "SUV" für eine schlechte Idee halten.
ABER: Ich kann dich gut verstehen. Und ich meine, deine Gefühle nachvollziehen zu können. Der VW-Bus gehört ja irgendwie zu diesem Land, ist Teil seiner Geschichte und Kultur. Und mit dem Einstellen seiner Produktion und Entwicklung geht eben auch ein Stück Kultur verloren..... Ich habe lange Jahre in Hannover gelebt und auch mehrfach das VW-Werk besucht. Wenn man dann dort die fertigen Fahrzeuge gesehen hat, wie sie auf die Abholung ihrer Kunden warten, dann war das was besonderes. Und wieder ein "Aber": Dieses Gefühl gilt für andere Fahrzeuge auch: Das war beim Käfer so, wird beim Golf so sein; und ich ahne, dass manch einer dem klassischen Porsche 911 noch immer nachtrauert (denn seien wir ehrlich: die zeitgenössischen 911er sind ja auch nicht mehr als ein billiger Abklatsch einer Ikone) .
Der Zeitgeist (oder wenn man damit nichts anfangen kann: die Weiterentwicklung der Welt) nötigt uns dazu die Welt zu akzeptieren: Zu teuer, zu wenig Nachfrage, Kosteneinsparungen - Treiber der Moderne und (auch) Zeichen des Neokapitalismus.
Aber (das ist das letzte Aber): komischerweise bedauere ich diese Entwicklung auch - Auch für mich ist der "Bulli" immer wieder ein Hingucker, weil er eben zu diesem Land und seinen Menschen gehört. Ein Ford Transit (aufgehübscht mit Bullisymbolik) wird dem Original niemals nahekommen. Am Ende ist es vor allem schade um das "Menschliche". All jene, die so wie du ,leidenschaftliche Bulli-Fans sind . Darum tut es mir leid. Sehr leid.
In Verbundenheit,
Werner
Dirk von DT-Classics (Sonntag, 15 September 2024 10:45)
Ja, lieber Werner,
genau so ist das. Die einen so, die anderen so. Auch diese Vielfalt, diese Diversität in Meinungen, Gefühlen und Überzeugungen ist der große Schatz einer Identität mit 1000 Gesichtern.
Für mich, auch wenn es gerne anders wirken darf, ist der VW Bus (m)ein Medium. Eines, mit dem sowas wie mein Lebensgefühl machbar, sichtbar, und von Interessierten nacherlebbar wird.
Dafür, mir Einblicke in deine Welt zu ermöglichen, und das mit so charmanten "Abers", danke ich dir sehr!
Herzlich, Dirk
Roamer (Montag, 16 September 2024 07:39)
Schön auf den Punkt gebracht, und das ziemlich fair. Mir gehen ähnliche Gedanken dazu durch den Kopf. Die parallele Geschichte mit Nutella ist wirklich super, und lanciert die Thematik mit dem Ford Bus auf charmante Art. Habe es amüsiert gelesen, danke dafür!
Dirk von DT-Classics (Montag, 16 September 2024 14:12)
Freut mich zu lesen, merci vielmals für die nette Rückmeldung.
LG, Dirk
Jürgen (Donnerstag, 19 September 2024 16:07)
Lieber Dirk,
eine Ikone geht und das neue kommende Gefährt wird gefeiert (zum Beispiel von der Autobild... Aber wer liest denn die Autobild?)
Zu Schade, dass es nicht mehr das Original ist. Ich kann dich verstehen. Ich mag doch die alten Sachen so viele lieber und verstehe neue Sachen manchmal nicht.
Der Bulli ist nun mal eine Ikone.
Deshalb stelle ich mich zu dir, halte deine Hand und verdrücke ein Tränchen mit dir.
Adieu du schönes Auto!!
Das habe ich übrigens damals auch beim letzten Käfer gemacht... :-)
Herzliche Grüße
Jürgen
Dirk von DT-Classics (Samstag, 21 September 2024 09:21)
Hi Jürgen,
Führerschein gemacht in den goldenen 80er, mit Rallye Gruppe B, Hosenträgergurte und KAMEI-Spoiler, und all den Verrücktheiten, die auf den Straßen zu finden waren, hach, was haben wir ein Glück gehabt ;-)
Wenn das Spiel mit Emotionen sich am Fahrzeug nicht mehr wiederfindet, nützen alle Embleme und Schriftzüge nix mehr. Das wird nur funktionieren, wenn die Sache selbst ohne Emotionen vonstatten geht. Möglicherweise sind wir ja am Weg dorthin.
Lieben Dank für deine Zeilen!