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„Ich war noch nicht überall, aber es steht auf meiner Liste“ – Kaum passender, als mit diesem herrlichen Zitat von Susan Sonntag, könnte ein weiterer Reisebeitrag von mir seinen Anfang nehmen! Wir sind relativ kurz unterwegs, dafür aber tief.
Knapp 4 Tage insgesamt, und es geht in die Schweiz. Nur allzu gerne stellt man uns bei so einer Unternehmung Fragen, die den Reiseaufwand in Relation zur Reiselänge betreffen. Es gilt, so das allgemeine Credo, möglichst keine 1000 Kilometer zu fahren nur für ein verlängertes Wochenende. Kann man so sehen. Wir tun das aber nicht so.
Denn spätestens dann wird das zu einer Milchmädchenrechnung, wenn man in etwas so Wunderbarem unterwegs ist, wie in einem VW T3 WESTFALIA. Und das sind wir. Wen jucken da noch die Meilen? Im klassischen VW Bus beginnt unsere Reise wie immer exakt vor der Haustür. Und zwar in dem Moment, wenn wir Platz in den ISRINGHAUSEN Reisesitzen nehmen, sich die Tür mit unvergleichlichem Geräusch schließt, die Arme auf den langen Lehnen liegen, und sich dann dieser wunderbare Sound im Heck erhebt. Genau dann hat sich bezüglich Reiseaufwand die gesamte Relationstheorie wieder einmal erübrigt.
Doch da ist noch etwas ganz Anders von Bedeutung. Messgröße unserer Touren sind seit gefühlten Ewigkeiten gar nicht Geschwindigkeit und Meilen, sondern das Interesse an neuen Regionen, Landschaften, Städten. Und vor allem sind es die Freundschaften. So auch diesmal. Wir treffen uns endlich wieder mit unseren Schweizer Freunden, die im Großraum St. Gallen/Appenzeller Land zuhause sind. Genau dorthin führt unser kurzer, tiefer Weg.
Es geht wie immer zügig. Wir haben einige Sachen eingepackt, dafür viele Dinge daheim gelassen, und rollen daher mit mäßig bepacktem Camper durch den späten Nachmittagsverkehr. Unsere entspannte Urlaubslaune kollidiert zu unserer Überraschung auch gar nicht mit der Pendlerhektik, die zu erwarten wäre. Das lange Wochenende über Fronleichnam steht vor der Schiebetür, und auf den schwarzen Bändern des Landes ist nichts los!
Wenige Tage noch bis zur Sommersonnenwende, es wird lange hell sein heute. Wir fahren heute einfach so lange, wie wir Lust und Laune haben Richtung Süden. Zielgebiet für die Zwischenübernachtung: Egal.
Wie immer brauche ich so meine Zeit, bis ich in der wirklichen Entspannung ankomme. Die zu Anfang hohe Aufmerksamkeit hinsichtlich der 42 Jahre alten Technik lässt mit jedem Kilometer nach, alles ist gut. In Gedanken gehe ich noch die umfangreichen Arbeiten durch, die ich in jüngster Vergangenheit am Reise-Klassiker durchgeführt habe; bzw. habe durchführen lassen:
Das komplett neue Fahrwerk samt neu gelagerter Vorderachse begeistert mich nach wie vor total. Wärmetauscher + Lüftermotor in neu machen geräuschlos wieder das, was sie sollen, und der Gastank samt Aggregaten ist frisch geprüft und für gut befunden. Dank verlängertem Schiebetürbügel gehen sich Tür und Hinterrad fein aus dem Weg. Im Aufstelldach spannt der kugelgelagerte Aufstellbügel den neuen, festen Stoff, und in den frisch montierten, großen Außenspiegeln sehe ich die Landschaften entweichen, die wir durchfahren.
Ja, es ist ein großer Luxus, so im Kleinen unterwegs sein zu dürfen, ich weiß das sehr wohl.
Es gibt Dinge, die packen mich. Manche davon derart, dass sie mich nie wieder loslassen, und ich sie auch nicht. Ob das immer vernünftig oder gar schlau ist, sei mal dahingestellt. Was es allerdings immer ist: Es ist echt, es ist hoch emotional, und es ist nichts, was mir Erklärungen oder Rechtfertigungen abverlangt. Doch es ist schön, und macht dermaßen viel Freude, das ich immer wieder gerne davon erzähle. Zum Beispiel vom VW T3.
Die Aura, die einen T3 umgibt, löst viel mehr aus, als nur einen Hauch Nostalgie. So ein Fahrzeug packt mich. Es ist diese Art von Klassiker, die mit ihrer ganzen Erscheinung tief in mich eindringt. Ganz besonders geht mir das so bei den Fahrzeugen aus dem Hause WESTFALIA.
Ein T3 WESTFALIA reiht sich ein in die kleine Liste von Klassikern, die für mich immer etwas mehr besonders bleiben, als es der gesamte Rest zusammen schafft. Die alten Land Rover, ALFA Spider, C-Kadett, Ford Gran Torino, Citroen DM, natürlich ein 306 Cabrio, und einige mehr. Obwohl total verschieden, eint sie doch eines. Sie vermitteln mir, sie nicht nur zu mögen, sondern bestenfalls, mal darin fahren zu wollen. Riechen möchte ich sie, spüren, sie in ihrem Spirit an mich ran lassen.
Mir ist, als könne man sich damit ein Stück heile Welt sichern, das einem niemand mehr streitig macht. Schaue ich mich so um in der Welt, erscheint mir das als ein immer verständlicher werdendes Bedürfnis. Doch genau so, wie sich der Weltfrieden nicht für schnöden Mammon kaufen lässt, ist auch das, was ein T3 darstellt, nicht mal eben mehr beim Händler um die Ecke zu bekommen.
Was immer schon lockte und beeindruckte, ist die Vielfältigkeit eines T3´ s. Es ist mein Begleiter für alle Fälle, ein Fahrzeug eben, mit dem man eigentlich nie falsch "bekleidet" ist. Und hinzu kommt meine Erfahrung von Jahrzehnten, dass ich, egal wohin ich mit dem Bus auch kam, immer freundlich begrüßt wurde. (Bleibt zu wünschen, dass das nicht ausschließlich im Fahrzeug begründet liegt...)
Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung.
Die Reisewelt im heckmotorisierten Edel-Camper sowieso.
Nach einer feinen Zwischenübernachtung am Sonnenbachsee, und etwas später nach einem KoffiTuhGoh
zum vorbereiteten Müsli, rollt es weiter südwärts.
Dann erreichen wir die Schweiz, Appenzell,
und jene traumhafte Stelle,
die uns Lagerplatz für 3 Nächte sein darf.
Unsere Schweizer Freunde haben alle Hebel in Bewegung gesetzt! Der Ort, an dem wir campieren dürfen, ist privat.
Die Besitzer sind super nett, und stellen alles Relevante zur Verfügung. Mit Anlauf von 600 Kilometern finden wir ein kleines Paradies vor, und das hoch oben in den Bergen.
Der VW T3 WESTFALIA ist mehr als nur ein Fahrzeug; er ist mein Symbol für eine vergangene Zeit, für Abenteuer, Freiheit, und er ist das Medium schlechthin für gegenwärtiges Reisen und reale Gemeinschaft. Denn eines darf gesagt sein; die gute, alte Zeit ist genau jetzt! Sie ist wichtiger, realer und bedeutsamer, als die fortschreitende Neuzeit, die angebliche Moderne, mit ihrem erdrückenden, überbordenden, oberflächlichen Trubel. Denn alles das benebelt die Sinne, stumpft uns ab, und verschließt uns Möglichkeiten und Wege, überhaupt einmal mit uns selbst eins zu sein, bevor das woanders gelingt.
Dieses fahrende Denkmal, das Geschichten erzählt und Erinnerungen bewahrt, ist mein Schlüssel zu alledem, es ist die rollende Brücke aus den unschlagbar guten 80er Jahren hinein in die Jetztzeit. Sicher, es ist und bleibt ein Automobil. Doch nur, wer mal in einem so besonderen Klassiker länger unterwegs war, macht auch nur die Erfahrung von einer ebenso besonderen Atmosphäre.
Es ist nicht nur die Art der Reise an sich, die verbindet, sondern auch die Art des gemeinsamen Erlebens, des Teilens von Momenten, des Reduzierens von Dingen, mit denen man sich scheinbar im Rhythmus des alten Motors und der Natur widerfindet. In diesem langsamen, bewussten Tempo lerne ich tatsächlich immer noch und jedes Mal, Geduld zu entwickeln und die Schönheit im Moment zu erkennen.
Wenn ich schaue, welche wertvollen Menschen ich durch dieses Fahrzeug habe kennenlernen dürfen, dann wird der T3 für mich zum Symbol für eine Freundschaft, die durch das gemeinsame Interesse an jenem herrlichen Fahrzeug wächst und sich vertieft.
Jetzt, wo wir in diesen Tagen hoch oben in Appenzell stehen, dort, wo niemand ist und niemand war, und wo das besondere Licht der Berge scheint, wird mir eines sehr klar: Unsere Oldtimer-Fahrzeuge werden mehr und mehr zum Spiegel des Lebens.
Selten zwar, aber dennoch erlebt, fordern unsere Oldtimer Geduld, Verständnis und Flexibilität – Eigenschaften, die wertvoll sind. Wenn dann alles gemeistert ist, und irgendwer die passenden Teile, die nötige Kenntnis, oder die rettende Idee hatte, folgt das gemeinsame Lachen über kleine Missgeschicke. All das macht die Reise im T3 für mich zu einer Lektion in gegenseitigem Vertrauen und Zusammenhalt. Es tut dann richtig gut, nicht nur alleine unterwegs zu sein.
Es zeigt sich mir, dass wahre Verbundenheit nicht nur in der Gegenwart besteht, sondern auch in der Erinnerung an vergangene Zeiten, an gemeinsame Erlebnisse, die im Laufe der Jahre an Wert gewinnen. Das Knarren der Türen, das Summen des Motors, sich von einem zum anderen Bulli während der Fahrt zuwinken, die großen Momente und kleinen Pannen unterwegs – all das sind Erlebnisse, die gut tun, weil wir sie gemeinsam gemeistert haben.
Abends dann, wenn die Fahrten und langen Bergtouren vollbracht sind, und es aus den Bullis nach Abendessen duftet, umfängt uns alle eine heilbringende Ruhe, die so typisch ist für diese Stunden. Und auch das ist eine Charakteristik, die viel mit unseren Fahrzeugen gemeinsam hat. In einer Welt, die immer schneller wird, erinnert das entschleunigte Reisen im VW T3 daran, dass es manchmal die langsamen, bewussten Momente sind, die den tiefsten Eindruck hinterlassen.
Berge sind hoch, und sie sind meistens steil. Vor allem der Alpstein ist steil, sehr steil! Wer dort wie wir unterwegs ist, und das Herz am rechten Fleck hat, stellt allerdings fest, dass es mehr als nur eine körperliche Aktivität ist – am Berg zu gehen ist eine tiefgehende Erfahrung für Körper, Geist und Seele.
Als Fotograf schaue ich nochmal ganz anders hin. Es ist das Licht! Dieses besondere Licht in den Bergen, das ich unvermittelt wahrnehme, ist wie ein lebendiges Gemälde, das sich im Laufe des Tages verändert. Bei gutem Wetter ist es oft klar und strahlend, mit einem sanften, goldenen Schimmer, der der Landschaft eine warme, fast magische Aura schenkt. Und im Gegensatz zu allen Anstrengungen, die die Berge einfordern, hat dieses Licht so etwas wie eine heilende Kraft. Es öffnet das Herz und lässt die Seele aufatmen. Und wer genau hinschaut, entdeckt dieses Licht auch im Blick derer, die vom Berg hinunter kommen. Es leuchtet sanft und hell aus deren Augen.
Das Glück, das mich dort umfängt, ist schwer in Worte zu fassen. Vielleicht empfinden 100 Berggänger hundert Glücke. Für mich jedenfalls ist es ein Gefühl von Leichtigkeit, von Verbundenheit und von innerer Harmonie. Dieses Glück steht für sowas wie Reinheit. Im Einklang mit der Natur zu sein, den eigenen Körper zu spüren und den Blick über weite Täler, schroffe Gipfel und endlose Himmel schweifen zu lassen, durchstößt tatsächlich eine Pforte, durch die ich sonst nur schwerlich durchzudringen vermag. Dazu ist es auch nicht nötig, immer die Gipfel selbst zu besteigen. Es hat etwas damit zu tun, Teil eines größeren Ganzen zu sein, das uns Demut und Dankbarkeit schenkt.
Unser letzter Abend ist ein Abend wie kein anderer. Wir haben uns mit Stühlen, Laternen, einer Gitarre und gutem Wein auf den Weg gemacht. Dort, höchstens 100 Meter von den Bussen entfernt, ist er möglich, der 360-Grad-Blick! Es ist Mitsommerwende, länger hell bleibt es dieses Jahr nicht mehr. Und wie sollte es noch schöner sein, als gerade jetzt in dieser Zeit?
Spät beginnt die Sonne langsam unterzugehen, und taucht alles in jenes Licht, dem ich außer Mystik keinen Namen zu geben weiß. Die Berge um uns herum stehen still und ehrfürchtig, und wir sind es sowieso. Fast schon habe ich den Eindruck, als könne ich dieses Leuchten nicht nur sehen, sondern spüren.
Wir sitzen dort auf dem Bergrücken, die Beine ausgestreckt, die Köpfe leicht geneigt, und blickten hinaus in dieses magische Schauspiel. Ganz alleine hier droben, und das vertraute Gefühl von Heimat – all das verbindet uns in diesem Moment. Uns, die wir hier fast schon andächtig werden. Solche Eindrücke machen was. Wir sind eine kleine Gemeinschaft, Menschen, die gemeinsam durch die Zeit wandern, und durch stille Nächte wie diese.
Alles steht still. Es ist, als ob die Welt für einen Augenblick innehält, um uns etwas zu schenken. Ein Geschenk in Form der Erinnerung daran, dass das Leben aus solchen herrlichen Augenblicken besteht, aus Stille, Schönheit und Gemeinschaft. Magie des Abends, wenige Worte sind nötig. Es reicht das Gefühl, hier zu sein, im Licht der Berge und des Himmels. 360 Grad, und um uns herum schimmert alles, was zählt.
Kurz war die Reise. Vor allem aber,
war sie besonders leise und besonders tief.
Sowas mag ich sehr.
In dieser Stille unterwegs zu sein,
im Einklang mit Natur und Gemeinschaft, kommt mir oftmals in den Sinn, dass wahre Reiseziele nicht nur alleine Orte sind.
Es sind auch Zustände des Bewusstseins.
Letztlich lehrt mich eine jede Fahrt
in meinem alten VW Bus, dass das Leben eine Reise ist, die nicht nur nach außen führt, sondern vor allem nach innen.
Probiert es einfach mal aus, nicht nur mit dem Camper, sondern auch mit dem Herzen zu fahren. Erst dann gelingt vollkommen, die Schönheit im Einfachen zu sehen und die Zeit als kostbares Geschenk zu umarmen. Ich kann Euch versprechen, so eine eine Reise im klassischen VW Bus berührt dann das Innerste und verändert Jeden und Jede auf eine tiefgehende Weise.
Aber wem erzähle ich das...
Herzlich, Dirk Trampedach
2025 © DT-Classics
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Joachim (Donnerstag, 26 Juni 2025 19:59)
Lieber Dirk
Einmal mehr beeindruckt mich deine Schreib- und Fotokunst! Als dein Freund und T3 Westfalia Club Joker-Fahrer (jener im helleren capriblau) kann ich total mitträumen und -fühlen was du beschreibst - einzigartig! Es war mir eine grosse Ehre, mit dir und euch Lieben diese ganz besonderen Tage geniessen zu dürfen!
Dirk von DT-Classics (Freitag, 27 Juni 2025 05:52)
Hi Joachim,
Es ist fast schon wieder 1 Woche her, und doch sehr präsent, es war großartig!
Danke Dir, und grüß' mir die Berge!
Roamer (Freitag, 27 Juni 2025 07:31)
Fantastisch, die Leser derart intensiv mitzunehmen, ohne eine einzige, konkrete Ortsangabe zu machen! Es wird der Region gut tun, dass nicht jeder "Geheimtipp" im Netz landet. Vielen Dank für den außergewöhnlichen Fotografie- und Lesegenuss!